National Electric Vehicle Sweden AB, abgekürzt als NEVS, ist ein schwedisch-chinesischer Hersteller von Elektrofahrzeugen. Das Unternehmen wurde 2012 gegründet, um die Konkursmasse der Saab Automobile zu erwerben. Seit 2019 gehört NEVS mehrheitlich der chinesischen Evergrande Group, seit 2020 komplett.
National Electric Vehicle Sweden | |
---|---|
![]() | |
Rechtsform | AB (Aktiebolag) |
Gründung | 2012 als Nachfolge der insolventen Saab Automobile AB |
Sitz | Trollhättan, Schweden |
Leitung | Kai Johan Jiang (Präsident), Stefan Tilk (Geschäftsführer) |
Mitarbeiterzahl | + 1000[1] |
Branche | Automobilhersteller |
Website | www.nevs.com |
2014 verlor NEVS die Rechte an der Nutzung des Markennamens Saab; die Gesellschaft kündigte im Juni 2016 an, neu produzierte und entwickelte Fahrzeuge in Zukunft unter eigenem Namen zu vermarkten.[2]
Das neugegründete Unternehmen National Electric Vehicle Sweden (NEVS) übernahm im Juni 2012 Anlagen und Immobilien der bisherigen Saab Automobile, ebenso die Rechte an ihren Fahrzeugen und der neuen Plattform Phoenix. NEVS wollte in Trollhättan Elektroautos entwickeln und ab 2014 auf den Markt bringen.[3] Grundlage des ersten Fahrzeugs, welches neben der Version mit Verbrennungsmotor ab 2014 auch als Elektrofahrzeug produziert werden sollte, ist der 9-3 Griffin von 2011.
Nach Abschluss der Verhandlungen mit dem Luftfahrt- und Rüstungskonzern Saab AB sollten neue Fahrzeuge den Namen Saab tragen, nicht jedoch das alte Logo mit dem Kopf eines Greifvogels, da der Eigner Scania dieses nun exklusiv nutzen wollte. Im Januar 2013 wurde ein neues Logo vorgestellt, das vom Stockholm Design Lab entworfen wurde. Es beinhaltet den traditionellen Schriftzug, der von einem Kreis eingerahmt wird.
Im August 2013 gab sich NEVS zuversichtlich, im Herbst 2013 in Trollhättan die Produktion des Typs 9-3 regulär wiederaufzunehmen und bis 2014 die Weiterentwicklung zum Elektrofahrzeug zu schaffen.[4][5] Am 18. September 2013 startete die Produktion der Vorserienfahrzeuge, Anfang Dezember 2013 die Serienproduktion des Saab 9-3 II Typ YTN; nach der geplanten Vorstellung des Faceliftmodells 2014 waren auch wieder Exporte geplant.
Im Mai 2014 wurde die Produktion des 9-3 Aero aufgrund von Liquiditätsproblemen gestoppt.[6] Ein chinesischer Aktionär, welcher mit 22 % an NEVS beteiligt war, hatte seine Zusagen zur Finanzierung zurückgezogen. Somit standen keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Fortführung der Produktion zur Verfügung.[7]
Die Geschäfte mit Ersatzteilen wurde von NEVS Ende Jahr 2014 an die staatliche Orio AB (früher Saab Automobile Parts AB) veräußert und gleichzeitig eine Kooperation der beiden Firmen vereinbart. Orio AB produziert im alten Saab-Werk in Trollhättan Ersatzteile und betreut die Versorgung bisheriger Modelle mit notwendigen Neuteilen.[8]
Zunächst war der Produktionsstopp des 9-3 II im Jahr 2014 nur für kurze Zeit geplant, wurde dann aber mehrmals verlängert.[9] Ende August stellte NEVS Antrag auf Gläubigerschutz mit dem Ziel einer Umstrukturierung. Dieser wurde zunächst abgelehnt, in einem weiteren Anlauf aber doch genehmigt.[10] Im Rahmen des Gläubigerschutzverfahrens entzog der Rechteinhaber und frühere Saab Automobile-Eigner Saab AB NEVS die Rechte an der Nutzung des Markennamens Saab.[11][12]
Am 23. März 2015 konnte NEVS den Gläubigerschutz wieder verlassen, nachdem dem Unternehmen Schulden in Höhe von umgerechnet rund 32 Millionen Euro erlassen wurden.[13][14]
In der Folge unterzeichnete NEVS Kooperationsvereinbarungen mit Dongfeng Motors und dem Halbleiterproduzenten Renesas[15][16] und einen Entwicklungsauftrag für die Entwicklung eines Autos mit Tübitak, der Türkischen Anstalt für wissenschaftliche und technologische Forschung. Darüber hinaus gelang es, Vorverträge zur Lieferung von über 200.000 Elektroautos an chinesische Leasingunternehmen abzuschließen[17][18]. Im Zuge von Joint Ventures wurde auch der Bau eines Werks im chinesischen Tianjin geplant.
Im Juni 2016 kündigte die Gesellschaft offiziell an, den Markennamen Saab in Zukunft nicht mehr verwenden zu wollen, sondern neue Fahrzeuge unter dem Namen NEVS zu vermarkten.[19] Zur Begründung wurde das Bestreben angegeben, zunehmend als eigene Marke in Erscheinung zu treten. Hinzu kam allerdings, dass NEVS während des Gläubigerschutzverfahrens 2014 durch die Saab AB die Markennutzungsrechte entzogen worden waren. Die Rechte wurden auch nach erfolgter Umstrukturierung des Unternehmens nicht wieder gewährt.[20][21] NEVS plante, erste Elektrofahrzeuge auf Basis des Saab 9-3 ab 2018 auszuliefern. Zielmärkte waren zunächst China und Schweden.[19][22]
Im Herbst 2017 unterzeichnete der neue Geschäftsführer von NEVS, Stefan Tilk, einen Vorvertrag mit dem chinesischen Fahrdienstleister DiDi, der 500 Millionen US-Dollar in NEVS investieren sollte, um Fahrzeuge für die eigene Flotte zu entwickeln. Medienberichten zufolge ließ DiDi das Geschäft jedoch wegen eines günstigeren Angebotes von Beijing Automotive Group im Sommer 2018 platzen.[23] Verträge mit Volinco und Panda New Energy jedoch blieben bestehen,[24] sodass NEVS nach eigenen Angaben anstrebt, eine Produktionskapazität von 200.000 Fahrzeugen jährlich für den chinesischen Markt zu erreichen.[25]
Im März 2018 wurde bekannt gegeben, dass die chinesische Investmentgruppe GSR Capital 500 Millionen US-Dollar in NEVS investiert, um in Trollhättan und China Batterien entwickeln und produzieren zu lassen.[26] Bereits 2017 hatte GSR Capital die Batteriesparte von Nissan übernommen.[27]
Am 15. Januar 2019 gab NEVS bekannt, dass der chinesische Mischkonzern Evergrande über die Tochtergesellschaft Evergrande Health Industry Group 51 Prozent der Anteile an NEVS übernimmt.[28] Neben den bestehenden Werken in Trollhättan und Tianjin wird laut NEVS ein weiteres Werk in Shanghai errichtet.
Am 29. Januar 2019 machten NEVS und Koenigsegg bekannt, dass NEVS für die Summe von 150 Millionen US-Dollar 20 Prozent der Anteile des schwedischen Sportwagenherstellers aus Ängelholm übernimmt. Beide Unternehmen gehen darüber hinaus eine „strategische Partnerschaft“ ein. NEVS investiert weitere 150 Millionen US-Dollar in ein gemeinsames Projekt, an dem das Unternehmen 65 Prozent und Koenigsegg 35 Prozent hält. Ziel der Unternehmung ist es für Koenigsegg, die Produktions- und Vertriebskapazitäten sowie Zulieferketten von NEVS bzw. Evergrande in Trollhättan und China mitzunutzen, zudem sollen beide Unternehmen ihr Know-how bündeln und gemeinsame Fahrzeugplattformen entwickeln.[29]
Am 17. April 2019 gab das Münchner Unternehmen Sono Motors bekannt, dass das Fahrzeug Sion ab dem 2. Halbjahr 2020 als Auftragsfertigung bei NEVS in Trollhättan produziert werden sollte.[30]
Aufgrund von Verzögerungen bei der Finanzierung und Änderungen in den Spezifikationen[31] des Projekts wurde der Produktionsstart auf Anfang 2023 verschoben.[32]
Am 5. April 2022 gab Sono Motors die Unterzeichnung einer verbindlichen Vereinbarung über die Produktion des Sion bei einem anderen Auftragsfertiger bekannt.[33]
Hauptgesellschafter des Unternehmens NEVS war bis 2019 die 2004 gegründete National Modern Energy Holdings Ltd. (NME), eine auf den Britischen Jungferninseln eingetragene und in Hongkong ansässige Holding, die vor allem Unternehmen besitzt, die im Bereich erneuerbarer Energien tätig sind. Besitzer von NME ist der chinesisch-schwedische Geschäftsmann Kai Johan Jiang. Seit Januar 2019 gehört NEVS zu 51 Prozent der chinesischen Evergrande Group und zu 49 Prozent der NE Holding von Kai Johan Jiang.[34] 2020 erwarb Evergrande auch die restlichen Anteile.[35]