Der Wartburg 353 ist ein Personenkraftwagen des VEB Automobilwerk Eisenach, der von 1966 bis 1989 hergestellt wurde.
Wartburg | |
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Wartburg 353 S Limousine (1986) | |
Wartburg 353 | |
Verkaufsbezeichnung: | Wartburg 353 |
Produktionszeitraum: | 1966–1989 |
Klasse: | Untere Mittelklasse |
Karosserieversionen: | Limousine, Kombi, Kübelwagen, Pick-up |
Motoren: | Ottomotoren: 1,0 Liter (33–37 kW) |
Länge: | 4220–4380 mm |
Breite: | 1640 mm |
Höhe: | 1495 mm |
Radstand: | 2450 mm |
Leergewicht: | 920–960 kg |
Vorgängermodell | Wartburg 312 |
Nachfolgemodell | Wartburg 1.3 |
Der im Juni 1966 eingeführte Wartburg 353[1] verband in seiner Konzeption als überholt angesehene Merkmale wie den wassergekühlten Dreizylinder-Zweitaktmotor und Rahmenbauweise (Kastenprofilrahmen) mit fortschrittlicher Technik wie dem an Doppelquerlenkern vorn/Schräglenkern mit Querstabilisator hinten geführten, schraubengefederten und wartungsfreien Fahrwerk mit Tripode-Doppelgelenkwellen und Bremskraftregler. Das neue Fahrwerk war im Wesentlichen bereits 1965 in Gestalt des Übergangsmodells Wartburg 312 eingeführt worden.
Zeitgemäß war die gänzlich neu entworfene, sachlich gestaltete Karosserie mit einem Kofferraum von über 500 Litern,[2] die, wie auch schon die des Wartburg 311, der Eisenacher Konstrukteur Hans Fleischer gezeichnet hatte,[3] unterstützt von den Formgestaltern Clauss Dietel und Lutz Rudolph. Ob Clauss Dietel oder Hans Fleischer den maßgeblicheren Anteil am Design des 353 hatte, ist unter Fachleuten und Zeitzeugen strittig.[4] Das Grunddesign des 353 basierte auf der Studie eines Vollheck-Pkw von Dietel aus dem Jahr 1962, aus der Fleischer das Design der 353-Limousine ableitete. Dietel wirkte zudem an der Farbgestaltung des Innenraums und der Formgestaltung einiger Innenraumbauteile mit.[5]
Die Fachpresse bedauerte, dass die besonders durch den Frontantrieb gegebene Chance, einen zukunftsweisenden Pkw in Vollheck-Bauweise zu realisieren, vertan wurde.[6] Das nunmehr verwendete Bandtachometer, das zu dieser Zeit gerade wieder aus der Mode geriet und zudem keine Vorteile brachte, wurde stellvertretend herangezogen, um Kritik an zu großen Zeiträumen zwischen Entwicklungsbeginn und Einführung in die Produktion zu äußern.[7]
Modernisiert wurde im Vergleich zum Wartburg 312 auch die Fahrzeugelektrik, unter anderem erfolgte eine Umstellung auf 12 Volt.[8] Ein neues, vollsynchronisiertes Getriebe mit erhöhter Lebensdauer erhielten seit Juli 1966 alle Fahrzeuge.[9] Verbessert wurde auch die Kupplung.[10]
Ab 1967 wurde eine Rechtslenker-Ausführung für Exportländer mit Linksverkehr produziert, die sich technisch vor allem durch die Knüppelschaltung unterschied[11] – diese war später teilweise auch für den Binnenmarkt erhältlich. Auf Sonderwunsch war ab Ende 1967 ein Schiebedach erhältlich. Schon 1968 gab es diverse Detailverbesserungen und ein neues Farbprogramm.[12]
Die Einführung der in den Karosseriewerken Halle und Dresden gefertigten Kombivariante Wartburg Tourist erfolgte 1968. Mit viertüriger Karosserie, harmonischer Linienführung und Pkw-gerechter Innenausstattung ersetzte er sowohl die Kombi- als auch Camping-Ausführung des bisherigen Wartburg 312. Heckklappe und hintere Kotflügel wurden aus glasfaserverstärktem Kunststoff gefertigt. Das maximale Kofferraumvolumen betrug 1800 Liter.[13][14] Der Limousine entsprechend war er in Standard- und Luxusausführung erhältlich, wobei Letztere auch schon eine Abdeckung des Kofferraums besaß,[15] was damals auch im Westen noch nicht üblich war. Auch beim Tourist waren Extras wie ein Stahlschiebedach erhältlich. Zunächst wurde der Tourist mit geschlossener C-Säule gefertigt, 1970 wurde eine Zwangsentlüftung mit Luftauslässen in der C-Säule eingeführt.
Im Mai 1969 erfolgte die Einführung des neuen Motors 353-1 mit 36,8 kW (50 PS) und geändertem Vergaser, Drehschwingungsdämpfer und Kolbenringabdichtung der Kurbelwelle (bisher Radialdichtringe aus Gummi), was die Lebensdauer des Motors beträchtlich vergrößerte.[16] Im selben Jahr wurde von Randfeder- auf Tellerfederkupplung umgestellt[17][18] und eine Elektrotauchgrundierung der Karosserien eingeführt.[19] Der Garantie-Zeitraum betrug ab 1969 20 000 km bzw. ein Jahr.[20]
Auf Basis des Wartburg 353 wurde der Rennsportwagen Melkus RS 1000 unter Leitung von Heinz Melkus entwickelt und ab 1969 in Kleinserie produziert.
In den 1970er und 80er Jahren geriet die Weiterentwicklung ins Stocken und beschränkte sich fast nur noch auf Details. Ab März 1975 wurde das Fahrzeug als Wartburg 353 W (W = Weiterentwicklung) mit Scheibenbremsen vorne und diversen Detailänderungen produziert. Die Karosserie blieb unverändert. Im Juni 1982 gab es einen Registervergaser vom Typ Jikov 32 SEDR mit Ansauggemischvorwärmung, neue Bremstrommeln hinten und H4-Scheinwerfer. Ab Januar 1984 wurden die bis dahin verchromten Karosserieteile schwarz plastpulverbeschichtet.
Alle DKW-basierten Dreizylinder-Zweitakter (auch die in Westdeutschland gebauten) besaßen einen hinter dem Motor eingebauten Kühler. Im Wartburg wurde der Kühler ab Juni 1985 nach vorn verlagert. Die Frontpartie des Wartburg wurde dabei einschließlich der Scheinwerfer modifiziert.
Die Produktion der Limousine endete mit der Einführung des neuen Modells Wartburg 1.3 im Herbst 1988. Die Ablösung der Kombiausführung Tourist erfolgte einige Monate später, sodass auch 1989 noch 1191 Fahrzeuge mit Zweitaktmotor hergestellt wurden.[21] Insgesamt wurden 1.225.190 Wartburg 353 von 1966 bis 1989 produziert, davon 868.860 Stück 353 W.
Der Wartburg 353 wurde in zwei Ausstattungsvarianten hergestellt. Die Ausführung „de luxe“ hob sich vom „Standard“ zu Produktionsbeginn unter anderem durch mehr eloxierte und verchromte Teile, Zweiklangfanfare und eine verbesserte Innenausstattung ab. Aufpreispflichtig als Sonderwunsch waren außerdem ein Stahlschiebedach, ein Radio und Lackierung in piniengrün oder karminrot erhältlich.[23] Vom 2. Januar 1984 an wurde ab Fahrgestellnummer 19.00 401 statt der bisherigen Ausführung „de luxe“ die Ausführung Wartburg 353 S (S = Sonderwunsch) produziert. Die Sonderausführung, bei der anders als beim Rallye-Fahrzeug 353 WR auf das W in der Bezeichnung verzichtet wurde, war gekennzeichnet durch mattschwarze PVC-Türfensterrahmen, Armaturenverkleidung mit Kunstleder in Holzmaserung, Kofferraumauskleidung, Nebellichtanlage (Nebelscheinwerfer und -schlusslicht), Zweiklangfanfare, Knüppelschaltung/Lenkradschaltung, heizbare Heckscheibe sowie einen Malimo-Cordbezugsstoff.
Neben dem Hauptstandort AWE in Eisenach wurden für den Wartburg 353 drei weitere Betriebe in die Produktion einbezogen:
Die Rahmen wurden ohne Fahrgestellnummer in die einzelnen Werke geliefert und dort fahrzeugspezifisch vervollständigt.
Für die Produktion des Tourist in Halle und Dresden wurden Teile (Mechanik, Rahmen und Karosserieteile, die denen der Limousine glichen) zugeliefert, die Wagen dann mit der am Ort gefertigten Kombi-Karosserie endmontiert. Anschließend wurden die Fahrzeuge von Eisenacher Mitarbeitern vor Ort der Endkontrolle unterzogen.
Trotz des starken Neuwagenmangels in der DDR wurde der Wartburg 353 umfangreich exportiert. So gingen beispielsweise im Jahr 1975 von 54.050 produzierten Wartburg 34.250 in den Export, nur 8.941 Stück waren im Inland für Mark und nach langjähriger Wartezeit erhältlich. Weitere 7.300 Stück kamen gegen Westmark (Genex) in der DDR (ohne Wartezeit) in Umlauf, ferner gingen 556 Stück an Investträger und 3.003 an staatliche Organe (Dienstwagen). Insgesamt wurden 676.837 der 1.225.429 gebauten Wartburg 353 exportiert.[24]
Hauptabnehmer im Export waren Ungarn, Polen, die Tschechoslowakei, Jugoslawien und Bulgarien. Anfangs war der Wartburg 353 auch im NSW noch durchaus gefragt, erhebliche Absatzzahlen wurden in Großbritannien (mehr als 20.000 verkaufte Fahrzeuge), Belgien, Finnland und Griechenland erzielt. Als Rechtslenkerausführung wurde das Fahrzeug in Großbritannien unter der Bezeichnung Wartburg Knight (zu deutsch: „Wartburg-Ritter“) vermarktet,[25][26] bis er später wegen des nicht mehr zeitgemäßen Zweitaktmotors nicht mehr importiert werden durfte. In den Beneluxländern waren zahlreiche Wartburg als Taxi eingesetzt und erreichten Laufleistungen von über 250.000 km.[27] Ab 1979 wurde der W 353 aufgrund neuer ECE-Bestimmungen auch in anderen NSW-Ländern unverkäuflich. 1500 solcher Fahrzeuge standen daraufhin dort noch auf Halde, und die damit bisher erzielten, für die DDR wichtigen Deviseneinnahmen versiegten.[28]
Hingegen verkauften sich die als Statussymbol wenig tauglichen Zweitakter aus der DDR, nicht zuletzt aus ideologischen Gründen, in der Bundesrepublik Deutschland trotz niedriger Preise schlecht: 1967 fanden lediglich 151 Trabant und 334 Wartburg einen Käufer, weshalb die DDR die Belieferung der westdeutschen Händler offiziell 1969 einstellte.[27]
Die KFT bewertete den Wagen 1966 als „echten“ Fünfsitzer, dessen Platzangebot an Fahrzeuge der Mittelklasse heranreiche. Kritik galt dem etwas hochbeinigen Erscheinungsbild und dem recht großen Leergewicht. Obwohl das Drehmoment des Zweitaktmotors gleichauf des Fiat 124 und größer als des Opel Kadett B oder VW 1300 war, sei das Beschleunigungsvermögen verbesserungsbedürftig. Nicht zuletzt deshalb, weil der neue Hauptschalldämpfer das maximale Drehmoment erst bei 3000 anstatt der früheren 2200/min anliegen ließ. Der ermittelte Durchschnittsverbrauch von 10,2 l/100 km wurde als deutlich zu hoch kritisiert. Gelobt wurde hingegen die verbesserte Laufruhe und das gedämpfte Geräuschniveau im Innenraum, was den Wagen zusammen mit den bequemen Sitzen und großzügigen Federwegen zu einem recht komfortablen Fahrzeug mache. Der Wartburg besaß nach wie vor keine Scheibenbremsen, die Bremswirkung wurde aber für gut befunden. Insgesamt wurde zurückhaltend eingeschätzt, dass der neue Wartburg von allen in der DDR erhältlichen Pkw noch am ehesten des Prädikats „Weltniveau“ würdig sei.[6] Im 10.000-km-Dauertest traten lediglich einige kleinere Mängel auf, gelobt wurde die gute Verarbeitungsqualität auch im Innenraum und der vergleichsweise gute Korrosionsschutz. Der Zweitaktmotor wurde als „Handicap“ gesehen, das sich auf die Fahrpraxis jedoch kaum nachteilig auswirke, jedoch wurde erneut der zu hohe Kraftstoffverbrauch angemahnt (10,3 l/100 km) sowie das nach wie vor ungelöste Problem der Klingelneigung bei konstant 90 km/h angesprochen.[29]
In der Beurteilung des 50 PS-Motors im Jahr 1970 wurde das vieldeutige Fazit gezogen, dass der neue Wartburg-Motor einer der gelungensten Dreizylinder-Zweitaktmotoren überhaupt sei und bestimmt der beste Wartburg-Motor, den es je gab. Der Zweitaktmotor an sich wurde relativ deutlich als konzeptionelles Hemmnis des Wartburg konstatiert. Eine Hubraumvergrößerung auf 1200 cm³ wurde mit der Begründung verneint, dass dies neue Betriebseinrichtungen erforderte, die den Wartburg auf Jahre hinaus noch untrennbar an den Zweitaktmotor fesseln würden.[30] Die Leistungssteigerung um 5 PS machte sich in einer geringfügig verbesserten Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit bemerkbar, wobei die werksseitig angegebenen 130 km/h nicht erreicht wurden (126 km/h). Obwohl der Motor praktisch neu konstruiert war, ergab sich keine Verringerung des relativ hohen Kraftstoffverbrauchs, der mit 10,3 l/100 km gemessen wurde. Kritik galt auch dem Umstand, dass der Wartburg weiterhin mit Diagonalreifen ausgerüstet wurde, obwohl das Fahrverhalten mit Radialreifen noch erheblich besser war. Trotz allem wurde festgehalten, dass der Wartburg 353 im Binnenhandel der DDR, also in Konkurrenz zum Škoda 1000 MB und Moskwitsch-408, der klare Favorit sei. In einer Ergänzung schrieb der Redaktionsleiter der KFT, dass ein Vierzylinder-Viertaktmotor den Wartburg konkurrenzfähig mitten unter den gefragtesten Pkw auf dem Weltmarkt machen könnte.[31]
Wartburg 353 Limousine | Wartburg 353 Tourist | |
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Motor | Dreizylinder-Zweitakt-Ottomotor, längs eingebaut, Frontantrieb | |
Hubraum | 992 cm3 | |
Bohrung × Hub | 73,5 mm × 78 mm | |
Max. Leistung | 45 PS (33 kW) bei 4250 min−1 ab 1969: 50 PS (37 kW) bei 4250 min−1 | |
Max. Drehmoment | 9,3 kp·m (91 N·m) bei 3000 min−1 ab 1969: 10 kp·m (98 N·m) bei 3000 min−1 | |
Verdichtung | 7,6 : 1, ab 1969: 7,5 : 1 | |
Kühlung | Wasserkühlung mit Kühler hinter dem Motor, ab 1985: mit Kühler vor dem Motor | |
Getriebe: | Vierganggetriebe mit sperrbarem Freilauf in allen Gängen; Lenkstockschaltung ab 1967 teilweise Mittelschalthebel | |
Schmierung | Gemischschmierung im Verhältnis 1 : 33, ab 1973: 1 : 50 | |
Vergaser | Fallstromvergaser BVF 36 F1-11 ab 1969: BVF 40 F1-11 ab 1982: Registervergaser Jikov 32 SEDR | |
Elektrik | Unterbrecherzündung mit drei Zündspulen; Bordelektrik 12 Volt, Gleichstromlichtmaschine ab 1975 Drehstromlichtmaschine | |
Fahrwerk | Karosserie auf Rahmen verschraubt; Einzelradaufhängung mit Schraubenfederung; Felgen 13"; Trommelbremsen mit Bremskraftregler (ab 1975: Scheibenbremsen vorn); Zahnstangenlenkung | |
Radstand: | 2450 mm | |
Maße L × B × H | 4220 mm × 1642 mm × 1495 mm | 4380 mm × 1642 mm × 1495 mm |
Spurweite vorn/hinten | 1260/1300 mm, ab 1975: 1280/1300 mm | |
Leergewicht | 910 kg | 970 kg |
Wendekreis | 10,2 m | |
Max. zulässiges Gesamtgewicht | 1300 kg | 1410 kg |
Kofferraum | 525 l | |
Tankinhalt | 44 l | |
Höchstgeschwindigkeit | 125 km/h, ab 1969: 130 km/h | |
Beschleunigung 0-100 km/h | 27 s, ab 1969: 21 s | |
Kraftstoffverbrauch | 10,2 l/100 km[6] |
Die Kombis/Camping und später Tourist/Trans hatten im Vergleich zu den Limousinen eine verstärkte hintere Federung. Die lastabhängigen Druckübersetzer (LAD) für die Hinterradbremsen wurde 1975 mit dem modernisierten Fahrwerk des 353 W eingeführt. Sie hatten je nach Aufbau (Limousine, Tourist, Trans) eine andere Kennlinie. In der Bauform ähnelten sie aber denen der Limousine und sind daher bedingt austauschbar.
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